Distel
Ball-Saison: Disteln berauschen Mensch und Hummeln auch, „wo sonst nichts wächst“
Es gibt Stauden, deren Schönheit nehme ich immer erst dann wahr, wenn andere von der Pflanze begeistert sind. Jedes Jahr sind es die unzähligen Hummeln, die mich auf meine Disteln aufmerksam machen.
Für die Hummeln sind die Disteln eine tolle Futterpflanze, für mich aber sind sie extrem pflegeleichte und langblühende Stauden, die im Garten unersetzbar sind. Natürlich meine ich nicht die garstige Acker-Kratzdistel mit ihren elend langen Wurzeln, sondern die meist blau blühenden Edel- und Kugeldisteln.
Die Blüten der Kugeldistel sind (fast) einzigartig. Nur sie haben, außer dem Kugellauch, diese perfekt runde Blütenform, die aus hunderten kleiner Blütensternchen gebildet werden. Und weil diese Blütenform so markant und ausdrucksstark ist, eignet sie sich hervorragend zur Kombination mit fedrigen und transparenten Blüten. Großartig wäre zum Beispiel das Zusammenspiel von Kugeldistel und dem Riesen-Federgras (Stipa gigantea), bei dem beide Partner von ihrer Unterschiedlichkeit profitieren: das Gras wirkt in dieser Kombination noch leichter, die Kugeldistel noch markanter.
Bei den Kugeldisteln schätze ich besonders Echinops banaticus `Taplow Blue´. Sie trägt ihre intensiv blauen Blütenköpfe standfest bis in 1,20 Meter Höhe. Kugeldisteln mögen ihrem Herkunftsgebiet im südlichen Europa entsprechend einen Gartenplatz in voller Sonne und Wärme. Und sie kommen sogar wunderbar mit Böden zurecht von denen es sonst nur heißt „Ach, da wächst ja nichts.“ Der Boden kann arm und sandig sein, kalkhaltig und trocken wird auch geschätzt, nur nasse und überdüngte Standorte mag die Kugeldistel nicht.
Das gilt auch für Echinops ritro `Veitchs Blue´ , eine nur ca. 80 cm hoch werdende Kugeldistel, die auch noch die angenehme Eigenschaft hat zu remontieren, d.h. nach einem Rückschnitt nochmals zu blühen. Stellen sie sich die stahlblauen Bälle von `Veitchs Blue´ inmitten der leichten, violetten Blütenrispen der Blauraute (Perovskia atriplicifolia) vor oder als Partner zu der hellgelben Scabiose (Scabiosa ochroleuca). Das sieht so bezaubernd aus, das man sich wünscht, man hätte noch mehr Plätze im Garten auf denen angeblich nichts wächst.
Sind die beiden Kugeldisteln ausdauernde Stauden, ist die Elfenbeindistel (Eryngium giganteum) ein kurzlebiger, aber trotzdem ständiger Gartengast, denn sie sät sich bereitwillig in meinem Garten aus. Im ersten Jahr erscheint nur eine Blattrosette mit herzförmigen Blättchen, aus der aber im zweiten Jahr eine rund 60 cm hohe beeindruckende Pflanze wächst, die man nur mit dem Wort edel angemessen beschreiben kann. Vor der Blüte ist das stark gezackte Laub der Distel grün-silbrig marmoriert. Mit dem Erscheinen der großen, kegelförmigen Blüten werden Laub und Hüllblätter silbern leuchtend. Ich habe die Pflanze vor Jahren in einem fremden Garten gesehen und wollte mir unbedingt sofort davon Saat klauen. Dabei habe ich sehr schnell gemerkt, dass das stachelige Aussehen dieser Distel keinesfalls nur Zierde und Show ist. Herrgott, kann das Ding pieksen! Und sogar die Samen haben noch Stacheln! Aber selten hat sich ein Schmerz so gelohnt!
Jörg Pfenningschmidt, Hamburg
www.naturdesign-staudengarten.de